Mittwoch, 24. Juli 2013

The Flu Week

Nach einem entspannenden Wochenende voller Party, Barbecue und Fußball hat es mich Montag-Nacht kalt erwischt! Kopfschmerzen, Nase läuft davon und Ohren unter Druck. Schlafen war nur teilweise möglich. In Folge dessen habe ich mich zwar in die Schule geschleppt, mein Energielevel war aber des Unterrichtens nicht hoch genug. Dank dem Einsatz einer Lehrerin, die sehr zuvorkommend Medikamente für mich besorgte, geht es langsam bergauf. Der Dosierung der Medizin traue ich aber nicht wirklich - 8 Tabletten plus 8 Drops am Tag scheint mir doch etwas zu viel.
Vor allem in Sachen Krankheit und Heilpraktiken zeigen sich die schwerwiegenden Unterschiede zwischen unserer und der afrikanischen Gesellschaft.
Als meine Schüler mitbekommen haben, dass sich bei mir eine Art Michael Jordan Flu Game Sickness eingestellt hat, schlugen die mir vor, lieber zu Gott zu beten als einen Besuch im Krankenhaus oder beim Arzt vorzuziehen. "Prayers to God will help you 1000-times more than medicine!" Kraftlos eine solche Soll-ich-dir-jetzt-mal-die-europäische-Ansichtsweise-auf-solche-Dinge-Debatte zu beginnen, nickte ich das Argument ab. Am Ende des heutigen Schultages machte aber eine weitere Kuriosität auf sich aufmerksam, die nicht unkommentiert bleiben soll.
Der Aufklärungsunterricht, nur für die Mädchen der siebten Klasse zugänglich, wurde glücklicherweise von Julia mitverfolgt und sie berichtete mir was die (Vorsicht jetzt kommt's !) Studenten von der hiesigen Universität unseren Kindern mit auf ihren weiteren Lebensweg gaben:

1. Sex vor der Ehe ist ein völliges No-Go!
2. Man braucht auch nicht wirklich einen Lebenspartner oder Freund ...
3. Infos zur Verhütung? Fehlanzeige!
4. Infos zu AIDS oder anderen STIs? Keine Chance!

Wow! In einem Land, indem durchschnittlich fast jeder 4. Einwohner an AIDS erkrankt, ist das echt schockierend. Diese Unterrichtseinheit nennt sich wirklich "Aufklärung" und wird von jungen Leuten meines Alters durchgeführt, die eigentlich gebildet genug sein sollten, um ECHTES Wissen zu vermitteln. Kulturelle Differenzen, verschiedene Ansicht der Wichtigkeit von Religion im Alltag hin oder her, so etwas ist traurig mitzuerleben. Vor allem wenn man betrachtet, dass diese Unwissenheit über AIDS und STIs in vielen Schichten und Generationen verankert ist und wirkliche "Aufklärung" nur schwer an Großteile der Bevölkerung heranzubringen ist.

Summary vom Wochenende:
Am Freitag ging es wieder einmal auf die Piste und im Midnight (unserem Stamm-Club) schlugen mir die Preise der Getränke gehörig auf den Magen. Einfach gesagt: Zu einem doppelten Wodka mit Sprite für umgerechnet 0,84 Euro kann man(n) einfach schlecht "Nein!" sagen. Unser geschlossenes Gruppen-Trinkverhalten ging soweit, dass dem gesamten Club das Sprite ausging.
Den Hang-over am Samstag-Morgen bekämpfte ich mit 10 km Joggen und einem Besuch in der Mooiriviermall. Nach stundenlangem Hin-und-Her habe ich jetzt auch ein funktionierendes Handy. Allerdings kommt mein HTC mit der schlechten Netzverbindung nicht zurecht und ich musste mir ein neues "Smartphone" zulegen. Kein Problem denkt sich der Schwabe und kauft sich einfach eins! Ich bin jetzt Besitzer des unglaublichen, leistungsstarken, einzigartigen und wahnsinnig bewundernswerten Nokia 105. Das smarteste Feature ist die integrierte Front-Taschenlampe, die ganz ehrlich echt praktisch ist. Infrarot, Bluetooth oder geschweige denn Speicherkarte sind Fehlanzeige, aber wenn das Handy runterfällt kann ich mich sicher sein, dass eher der Boden kaputt geht als das Nokia selbst.
Am Samstag-Abend ging es dann in Richtung Township. Lagerfeuer, Sternenhimmel und Musik von Rick Ross über einen 15 Jahre alten PC. Die Menschen hier in der Gegend sind zwar arm, können sich aber dennoch gewisse Dinge leisten. Oft aber fällt der Strom aus und die Ansammlung an Wänden und Mauern kann man kaum als Haus bezeichnen. Trotzdem sind die Menschen hier dankbar für das, was sie besitzen und erfreuen sich an den kleinen Dingen des Alltags. Immer für einen Scherz zu haben und völlig ohne Allüren. Auch hier gab es verschiedene Ansichten von Alltagssituationen zu erleben, aber nicht mit so hohem Stellenwert wie oben geschildert. Die männlichen Schwarz-Afrikaner weigern sich nämlich mit jeglichen anderen männlichen Personen, egal welchen Verwandheits- oder Freundschaftsgrades, in einem Doppelbett zu schlafen. Für uns Europäer, die im Familienurlaub oft mit ihren Geschwistern oder Cousins genächtigt haben, nicht nachzuvollziehen. Die Erklärung, dass jedes Zimmer der Welt groß genug ist, um zwei Schlafplätze zu organisieren, blieb ums im Verlauf des Abends allerdings schleierhaft.
Dennoch bleibt als Fazit nur zu sagen, dass genau solche Abende und Gespräche es wert sind ein anderes Land zu besuchen und mir vor Augen führen, dass es die richtige Entscheidung war hierher zu kommen und solche Erfahrungen zu sammeln und weiterzugeben.
Der Sonntag wiederrum stand ganz im Zeichen des Fußballs. Staff-Member gegen das Team der ältesten Mädchen hieß die Begegnung. Allerdings blieb der Spaß-Faktor auf einem eher geringen Level, da die Partie zeitweise eher an Hühnerhaufen gegen taktisch hochausgebildete deutsche Kampfmannschaft erinnerte. Das Erzielen des ersten Tores unserer hochüberlegenen Mannschaft übernahm ich in der 2. Minute höchstpersönlich. Nach einem perfekt ausgeführten 20-Meter-Sprint, mit dem ich meine drei Verteidigerinnen verdattert hinter mir ließ, schlenzte ich die Pille mit einem gefühlvollen Innenrist Schuss ins lange Eck. 1:0 für die Staff-Member! Nach 75 Minuten und einem, dem Spielverlauf nicht entsprechenden 6:3, endete die Partie komischerweise mit Elfmeterschießen. Das entschieden unsere weiblichen Mitspielerinnen auch noch für sich.
Das Wochenende war also ein Erfolg auf ganzer Linie sowohl sportlich als auch menschlich.


Random Notes:
- Habe gerade noch (von südafrikanischer Medizin gepusht) 90 Minuten Fußball gegen eine Arbeiterauswahl gespielt. Alexandra würde jetzt mit Recht sagen: "OOOOHHHHH! Typisch Mann...!" Aber ich kann nichts dagegen tun, wenn zu weniger Spieler da sind muss man spielen.
Fußballer-Ehren-Kodex.
Unnötigerweise habe ich auch noch eine unwichtige Grätsche auf dem seit 4 Monaten nicht gewässerten Rasen gemacht und habe jetzt eine handflächengroße Brandwunde am Oberschenkel. Dumbass! Die meisten Meter auf dem Feld habe ich in unserem hässlichen 2:1 Sieg auch gemacht, was meiner Grippe sicher nicht weiterhilft aber meinem Ego. An einem Tor war ich aktiv zwar auch nicht beteiligt, aber unsere Laufwege in der Offensive haben teilweise nicht gestimmt und (vgl. Welcome to South Africa) mit dem Passen haben es meine südafrikanischen Mitspieler nicht so.

- Die Preise für Hip-Hop-Beats produziert im Township sind unfassbar hoch und orientieren sich nicht am Angebot und Nachfrage Prinzip. Nachfrager (in unserem Fall Hip-Hop-Fan Kai) wollte von einem Anbieter (hier der Verwandte von unserem Gastgeber Jack) ein paar Hip-Hop-Beats für seinen rappenden Cousin kaufen. Der Anbieter, der seine Freizeit dem Beats-Bauen widmet, erwartete allerdings für 20 Songs 10.000 Rand (1.000 Euros), was Nachfrager Kai sichtlich abschreckte und das Geschäft platzte. Schade eigentlich, weil das Studio, in dem Anbieter X produziert so viel Underground Flair hat und außer Nachfrager Kai gibt es keinen, der jemals mit Anbieter X kooperiert hat. Verhandelbar war der Preis auch nicht, was zeigt, wie unflexibel die afrikanische Hip-Hop-Beats-Verkauf-Wirtschaftslage ist.

- In einem neuen, für meinen Gesundheitszustand sehr gefährlichen Experiment, werde ich die Wirkung meines neuen Lieblingsnahrungsmittels Peanut Butter auf einen mit Alkohol gefüllten Körper austesten. Testphase 1 ist der sofortige Peanut Butter Verzehr nach dem Alkoholexzess. Phase 2 beinhaltet den Verzehr am Morgen danach und Phase 3 erforscht die Wirkung komplett ohne P-Butter. Welche Phase am Ende die richtige ist oder ob überhaupt ein Fazit möglich ist, dazu gibt es in den kommenden Wochen mehr Infos.

- In Südafrika benutzten die Menschen keine Tempotaschentücher. Das bedeutet man benutzt einlagiges Toilettenpapier als Taschentuch. Hierbei wird allerdings die Haut, welche um die Nase herum liegt, sehr beansprucht und noch angreifbarer als sie schon ist.

- Das neue Jay-Z Album Magna Carta Holy Grail ist unfassbar geil! ... musste mal gesagt werden.



Freitag, 19. Juli 2013

Bilderreihe #2

Meine erste Woche an der Bert's Bricks ist vorbei und die Eindrücke waren überwältigend. Am Mandela-Day wurde feierlich die südafrikanische Flagge gehisst und die Nationalhymne gesungen. Der ganze Tag war eine Art kleines Schulfest mit vielen freiwilligen Helfern, die sich - so ist es Brauch an diesem Tag - auf ihre sozialen Wurzeln besinnen und der Gesellschaft etwas zurückgeben. Gespendet wurden neben Sweets und Kuchen auch Möbel für die Büros der Mitarbeiter der Schule.
Nachdem wir diese am Freitag verräumt hatten, heißt es für mich jetzt: #Wochenende! Zeit genug also die nächste Bilderreihe zu präsentieren.



„Nkosi sikelel’ iAfrika
Maluphakanyisw’ uphondo lwayo,
Yizwa imithandazo yethu,
Nkosi sikelela, thina lusapho lwayo.“


Madiba

Die gesamte Schule versammelt sich ...
... um ihrem Helden Tribut zu zollen


Luftballons erklimmen die Lüfte

Versehen mit zuckersüßen Nachrichten ...
... geschrieben von den Schülern persönlich

"Grade 4B", zur Zeit meine Klasse und in diesem Bild entgegen ihrer Natur sehr ambitioniert

There are two ways of spreading light:
to be the candle or the mirror that reflects it


"Pausen sind das Ass ...
im Spiel des Lebens." Walter Fürst


Kuchen, der : Entschädigung für alles



Random Notes:
- neues Hintergrundbild: Schüler in Erwartung des unbeschreiblich guten Kuchens

- Erinnerung an mich selbst: Powerade concentrated ORANGE flavoured Sports Drink schmeckt fruchtig orangeig ist aber doch sehr künstlich und wenig nussig

- Zitat der Woche: "If a donkey kicks you and you kick back, you are both donkeys."

- Shout-Out an DW #8 und mein 2009-Ich für das Produzieren der geilsten DVD des Jahrtausends



Mittwoch, 17. Juli 2013

Im Schatten Mandelas

Der morgige Donnerstag, 18. Juli 2013, ist im Zeichen des wichtigsten und berühmtesten Südafrikaners geprägt. Zwar steht der 95. Geburtstag von "Tata" unter keinem guten Stern, da sein Gesundheitszustand seit 6 Wochen extrem kritisch ist, aber die Menschen in Südafrika wollen ihrem Volkshelden an diesem Tag sinnbildlich mindestens 67 Minuten Tribut zollen. Zur Erinnerung an die 67 Jahre, die Nelson Mandela selbst seit dem Eintritt in die Politik (1942) in den Dienst der Gesellschaft gestellt hat. So auch an unserer Schule. Dazu aber mehr im nächsten Post.

Vorher eine Momentaufnahme der letzten beiden Schultage.

Der Dienstag begann für mich und meine Klasse "Grade 4B" erstaunlich gut. Meine (und hier sei ein bisschen Eigenlob gestattet) im Internet recherchierten Unterrichtsmethoden kamen gut an und der Matheunterricht lief wie am Schnürchen. Leider kam der übermotivierte Student von der University auf die Idee nach dem vorgeschriebenen Stundenplan zu arbeiten und setzte mir nach der ersten Pause (hier gibt's nur 2 Breaks über den ganzen Vormittag verteilt) eine 6th Grade vor. Diese, da das Schulsystem in Afrika sich in seiner Klassenaufteilung von unserem System unterscheidet, waren voll-pubertierende, unmotivierte, freche, respektlose, ehrenlose (...und was der Dinge mehr sind) Teenies. Mit ihrer eigenwilligen Arbeitseinstellung und der Tatsache, dass von mir erwartet wurde diese Bengel in Englisch (also wie Deutsch in Englisch, also wie bei uns Deutsch nur in Englisch... ihr wisst was ich meine) zu unterrichten, war ich aus meinem Konzept gebracht. Wieder improvisierend schlug ich eine Gruppenarbeit vor:

"Deliver a 5 to 10 minute speech pointing out the benefits of being well-educated.
Choose one member of your group to present your results in front of the class."

Nach kurzen Startschwierigkeiten hatte ich das Gefühl die Kids würden die Sache ernst nehmen und meine Kreativität würde belohnt werden. Eben nicht!

Fehler-Analyse:
1. mein Clock-Management war wirklich awful und ich beendete das Arbeiten viel zu früh

2. Fehler #1 führte dazu, dass einige Gruppen nicht sicher waren, ob das genug Text sei und freiwillig wollte Keiner präsentieren

3. Als sich (nach erstmaliger Monolog-Erklärung, wie wichtig die Werte sind, die ich zu vermitteln versuche) dann doch ein Junge der Aufgabe stellte, fiel es mir wie Schuppen von den Augen:
Die Teenies können nicht frei von einer Maße von Menschen reden! 25 000 Blackouts und 25 Minuten, geprägt von Stottern und Gemurmel, später folgte mein nächster Fauxpas:

4. Nach dem zweiten Ihr-müsst-euch-doch-durch-irgendwas-auszeichnen-können-wenn-ihr-euren-Träumen-näher-kommen-wollt-Monolog schickte ich die Klasse viel zu früh in die Pause, was zu weiterem Chaos auf dem Pausenhof führte, da die anderen Klassen (geführt von Pädagogik- und Lehramt-Studenten im 6. Semester) nicht konzentriert weiterarbeiten konnten

Eine weitere, in meinem besten Englisch vorgetragene, Ansprache später, war der Tag beendet und meine letzte Aufgabe, das Soccer-Team als Schiedsrichter zu überwachen, war fast schon entspannend.


So frustrierend der Dienstag war, gab es am Mittwoch einige Lichtblicke. Matheunterricht mit der "7th Grade" Klasse? Piece of cake! Konzentrierter und lernbereiter als ihre jüngeren Mitschüler, vergingen die Stunden mit den ältesten Schülern wie im Flug. (Meine aus dem Nichts gezauberten Flow-Charts sind auch aller Ehren wert!) Dann hatte ich irgendwie zwei Freistunden, ob das so geplant war oder nicht keine Ahnung. Zitat von "Miss" Änne am Mittwochnachmittag, ihres Zeichen seit 10 Monaten Freiwillige im Kinderheim: "Willkommen im afrikanischen Schulsystem."
Nach meiner Free-Time ging es für die 4B, meine Standartklasse, und mich an die Vorbereitung für den Mandela-Day. Der Plan: Jedes Kind schreibt einen Brief an den Volkshelden persönlich. Diese werden dann an Helium-Ballons gehängt und dann heißt es hoffentlich: "let it fly!"  Nach Fertigstellung der wirklich liebevollen und süßen Huldigungen wollte ich den Kids ein bisschen Freiraum lassen. Einige schnappten sich Kreide und kritzelten nun Liebeserklärungen an mich (kein Witz! Beweise gibt's in Bilderreihe #2 am Wochenende) an die Tafel. Vom mandelaischen Flair gepackt ließ ich die Kids malen, Brettspiele spielen und was der Dinge mehr sind. Das ging so weit, dass sie sich nur schwer aus dem Klassenzimmer entfernen ließen, obwohl doch schon lang Pause war.
Einziger Wehrmutstropfen des milden Mittwochs war, dass mein Soccer-Team die von mir erwartete 4-3-3 Taktik mit angedeuteter defensiver Raute nicht zu schätzen wusste und lieber Elfmeterschießen trainieren wollte. Allein der interessierteste und talentierteste, deswegen von mir auch als Kapitän eingesetzte, Changes, gab mir Hoffnung, dass wenigstens ein paar Schüler zu schätzen wissen, was ich hier versuche zu vermitteln.
Diese Erkenntnis zieht sich wie ein roter Faden über meine ersten Tage an der Schule. Die meisten Schüler legen eine Art YOLO-Mentalität an den Tag und wollen im hier und jetzt Spaß haben. An die Zukunft oder allgemein Konsequenzen verschwenden sie keine Gedanken. Unter diesen vielen stereotyp-Afrikanern finden sich aber Kids, die brillieren wollen und verstanden haben, was für Chancen sich für sie ergeben können, wenn sie beispielsweise gut genug sind sich einen der wenigen Studienplätze in Afrika zu ergattern.

Diese Unterschiede in der Arbeitsmentalität muss ich wohl akzeptieren, vor allem unter dem Gesichtspunkt, dass ich selbst in diesem Alter nicht die beste Einstellung zum Lernen hatte. Dennoch hat's am Ende fürs ABI gereicht. Aber das ist eine komplett andere Geschichte ...


Montag, 15. Juli 2013

Mr. JJ alias Teacher

Ufff! ... mein erster Arbeitstag im neuen Leben war überwältigend. Nachdem mir Julia (schon seit 10 Monaten an der Bert's Bricks) das Gelände gezeigt hatte, stellte sich bei der Lehrerversammlung heraus, dass 6 Lehrer auf Fortbildung sind und fehlen. In der Not muss man logischerweise improvisieren und kurze Zeit später stand alleine ich vor ca. 25 Schülern. Ohne Plan, ohne Infos, ins kalte Wasser geworfen und unter Wasser gehalten! Die zwischen 10-13 Jährigen schauten mich erwartungsvoll an und ich war (milde gesagt) perplex. Noch nie an einer schwarz-afrikanischen Schule gewesen weder wissend wie afrikanischer Unterricht aussieht, improvisierte ich. Nach kurzer Vorstellung meinerseits (Mr. JJ nennen mich die Kids jetzt) fand ich im Heft einer Schülerin Matheaufgaben, die die Kids im letzten Schuljahr gerechnet hatten. Plus und minus Rechnungen mit bis zu dreistelligen Zahlen. Aus der Not heraus erfand ich Aufgaben, schrieb sie an die Tafel und befahl diese zu rechnen. Plötzlich kam Regung in die Klasse. Keine Blätter, keine Stifte und ich mittendrin im ersten Chaos.
Nach langer Suche fand ich in einem der Schränke Unterrichtsmaterial und gab es an die Kinder aus. Die rechneten fleißig und vor allem erstaunlich ruhig und konzentriert drauf los. Nach Kontrolle der Aufgaben (jedes Kind bringt dabei einzeln sein Blatt nach vorne und ich hacke ab oder verbessere - ob das so gang und gäbe ist ... keine Ahnung, woher soll ich das wissen!) brach Chaos #2 aus. Die Kids schnappten sich Brettspiele und spielten drauf los. Ich überfordert und unsicher, ließ sie gewähren und atmete tief auf, als die erste Pause begann.
Des Chaos dritter Teil, welches nach dem Pausenende drohte, wendete ich durch eine wahrhaftige Flut an Aufgaben ab. Zuerst weitere Rechnungen, dann ein suche-Wörter-im-Wörterbuch-Quiz und schon war wieder Pause. Trotz meiner Bemühungen brach nach der 2. Pause das nächste Chaos aus.
Ein Lehrer, laut Julia der Coolste von allen, bat mich das Training des Fußballteams zu übernehmen. Ich übertrug also die Aufsicht meiner Klasse einer Referendarin von der Potchefstroom-Universität, die - auch an ihrem ersten Tag - mit der Situation auf dem gleichen Level überfordert war, wie ihre 5 Uni-Kollegen und meine Wenigkeit. Als Fußball-Coach ließ ich, was sich im Nachhinein als unsinnig herausstellte, das alte und eingespielte Team gegen die neuen Anwärter spielen. Dies endete in einem Blowout (3-0, keine Torchance für das uneingespielte Team) und keiner wirklichen Erkenntnis meinerseits.
Plötzlich war es dann kurz vor 14 Uhr und mein erster Schultag war vorbei. Via Bus ging es die 3 Kilometer zurück zum Kinderheim, wo schon die anderen Volontäre auf ihre Kinder warteten. Study-Time heißt die Zeit, in der die Freiwilligen den Kindern bei den Hausaufgaben und anderen Aktivitäten helfen.
Eingeteilt wurde ich dafür nicht, aber das kann noch passieren oder auch nicht. Darüber mache ich mir an einem anderen Tag Gedanken oder auch nicht, weil nachdem ich diese Zeilen fertig geschrieben habe, gönne ich mir einen Mittagsschlaf und bereite danach - versuche es zumindest via Google - den Unterricht für morgen vor. Dass ich so schnell zum eigenverantwortlichen Lehrer werde, hätte ich nie gedacht. So ging es auch den anderen Deutschen, die ihr Gesicht verloren, als ich ihnen von meinem ersten Tag erzählte.
Ach ja, das Kinderheim-Basketball-Team soll ich ab Donnerstag auch übernehmen ... na dann gute Nacht!


Random-Notes:
- Wetter-Update: nachts ca. -3-5°, mittags ca. 25°
  (OK! Jetzt fühlt es sich nachts echt an wie im mittel-europäischen Winter)

- Essens-Update: obwohl die anderen (wohl weil schon so lange hier) das Essen der Kinderheim-Kantine nicht zu schätzen wissen, genieße ich es nicht selber kochen zu müssen

- "zzzZZZZZzzzzzzzzZZZZZ!"

- Sport-Update: habe im Umfeld zwei Laufstrecken gefunden, die ich regelmäßig versuche zu nutzen

- Schwörmontags-Update: Fuck, Mann! Das nicht zu erleben ist harter Tobak :D


Mittwoch, 10. Juli 2013

Bilderreihe #1

Nachdem ich (und skurriler kann das nicht passieren, weil auf der ganzen verdammten Welt ist das so) beim technik-versierten Inder meinen Bedarf an Hardware gestillt habe, gibt es nun die ersten Bilder aus meiner neuen Heimat:



Mein Zimmer (durch die Tür)

Mein Zimmer (in Richtung Tür)

Blick aus meinem Fenster

Unsere Terrasse

Blick von der Terrasse in Richtung NW

Blick von der Terrasse Richtung NO

Die Küche (komischerweise extrem sauber)

Ausschnitt vom Bad (man beachte den ausgeklügelt verlegten Abfluss der Waschmaschine)

Unser Haus

Basket- und Volleyballplatz des Kinderheims

Gestriger Sonnenuntergang über den Feldern der Farm gegenüber


Montag, 8. Juli 2013

Small Talk Issues

Die Alexander-geht-zurück-nach-Deutschland-Abschieds-Party-Woche neigt sich dem Ende zu und ich, als Bindeglied zwischen dem aktuellen 2012/2013 und dem neuen Jahrgang (am 20. August wird dieser beginnen), durfte das volle Partyleben von Potch und Umgebung miterleben. Das Fazit der letzten Nacht war, dass ich innerhalb von einer Woche alle gängigen Clubs, Pubs und Bars besucht hatte. Ein anstrengendes Programm, welches aber seine Vorzüge hat: Die obligatorischen Begrüßungen der Club-Besucher untereinander, das Hin und Her bei der Frage wer als nächstes Pool spielen darf, das Prozedere an der Bar and last but not least den (in unserer Sprache leider nicht vorhandenen) Was-geht-überhauptz-ab-Small-Talk, beherrsche ich jetzt fast schon schlafwanderlisch. Es ist anfangs doch eine große Umstellung, aber nach einer Woche Südafrika fange ich an den Small Talk zu schätzen. Zu Beginn schon eine komische Situation, wenn wildfremde Menschen auf einen zukommen und dich fragen wie es dir gerade so geht und ob bei dir alles klar ist. Schlussendlich ergeben sich daraus im Folgenden viel leichter Gespräche und Bekanntschaften, als in unserer zumeist kleinkarierten und verschlossenen deutschen Gesellschaft.

Ein Fall-Beispiel:
Im Afro-Club im ca. 40 km entfernten Klerksdorp (einer Art Detroit der Noordwes Provinz) lernte ich einen Pool-Spieler kennen, der mir seine ganze Lebensgeschichte darlegte. Wir beide, weder angetrunken noch high, kamen ins Gespräch und als er hörte, dass ich von aus Deutschland kam und schon mit einem Flugzeug geflogen war. Seine Story sprudelte dann nur so aus ihm heraus:

Frau kennengelernt vor knapp 1 Jahr. Perfekte Beziehung. Nach 2 Monaten schwanger. Frau muss zurück nach Malawi. Er kann nicht mit. Spart Geld für Besuch. Muss dafür (!!!) 4 Jahre arbeiten. Sein Traum: In 4 Jahren nach Malawi fliegen, um sein Kind zum ersten mal persönlich zu sehen.

Für mich und meine zurückgelegte Reisedistanzen scheint Malawi (der Großteil der Einwohner lebt überigens von durchschnittlich weniger als 1 Dollar pro Tag) nur ein Katzensprung entfernt. Für ihn ist dieses Land so unvorstellbar weit weg wie für mich eine Karriere als Ocularist oder professioneller Schlussmacher (Nebenjobs weltweit). Solche Begegnungen und Geschichten machen meinen Aufenthalt noch interessanter und eindrucksvoller als er jetzt schon ist. Am Ende des Gesprächs wünsche ich ihm viel Glück und er umarmt mich mit einem: "God bless U so much !"

Im großen und ganzen sind es aber die keinen Dinge, die die schwarze Bevölkerung (da wir immer mit George unterwegs sind gibt es nicht viel Weiße, die unseren Weg kreuzen) glücklich machen. Oft unterhalte ich mich über die "German Bundesliga", Bayern Munich und Borussia Dortmund. Verzweifelt und zweifelnd versuche immer zu erklären warum ich Mainz 05 Fan bin, obwohl die doch nie um die Meisterschaft mitspielen geschweige den internationale Reputation haben. Meine Gesprächspartner freuen sich dennoch über Insider-Wissen aus Europa und fragen sich (wie ich mich übrigens auch), warum die deutsche Fußball-Nationalmannschaft nie einen großen Titel gewinnt. Auf digital Kameras fahren die Südafrikaner, obwohl das Land wirtschaftlich fast europäisches Niveau hat, total ab. George und sein Kumpel, Rapper VX, avancierten zu enthusiastischen Paparazzos, nachdem sie die Kamera von Alex in die Finger bekommen hatten. Sie knipsten gestern Abend alles und jeden, der ihnen in die Quere kam.
Mein Fazit der ersten Woche: Viel erlebt, viel passiert, viel gelernt, viel gesehen, es gibt noch viel zu tun, aber ich gehe mit viel Zuversicht in die nächsten Woche, viel-leicht auch weil ich als Assistenzlehrer fast 2 Monate Ferien habe (@Max Biehahn: Langsam verstehe ich es, Meister, langsam begreife ich es!).


Random Notes:
- Trotz all der positiven Eindrücke, wurde ich zum ersten Mal in meinem Leben wegen meiner Hautfarbe diskriminiert (war zwar nur von einer Bedienung an der Bar, die Einheimische mir gegenüber vorzog). Dennoch ein komisches und ungutes Gefühl !

- Meine, in der Schottland-Studienfahrt zuletzt gezeigten, Billard-Künste sind noch großteilig vorhanden. Große Augen gab es nach meinen Siegen gegen VX und einen Typ, der vom Support seiner Freundin letztlich wenig hatte

- Nach 7 Tagen fast ohne Sport bewege ich mich nach der Fertigstellung dieses Eintrages auch mal und geh' joggend die Stadt erkunden

- Die lokale Hip-Hop Szene hat fette Beats anzubieten:
                      youtube - Lefoko Naughty West Hiphop Movement


Freitag, 5. Juli 2013

Welcome to South Africa

Townships, Hot Dogs, Basketball.

Dank der Ankunft von Kai (einem 2 Meter Hünen mit baggy Jogginghose) und seiner Truppe, blieb mein erster freier Tag nicht lange ruhig. Im Handumdrehen fand ich mich in einem heruntergekommenen Taxi-Van wieder, welcher vom schwarzen Taxifahrer unseres Vertrauens souverän durch den Linksverkehr manövriert wurde. Es stellte sich heraus, dass Taxifahrer George nicht nur der Fahrer unserer Truppe sondern auch ein guter Freund der Freiwilligen ist. Aufgewachsen ist George in einem der Townships der Stadt. Von seiner Großmutter aufgezogen, schlägt er sich irgendwie durchs Leben, ohne jemals die positive Einstellung zum Leben zu verlieren. So begegnet er auch mir und stellt sich im Laufe meiner ersten Woche als wahrer, echter Mentor dar.
Über einen Spar und mehrere immer gleich aussehende Straßen geht es in Richtung eben jenes Townships,  in dem George aufgewachsen ist. Die Fahrt endet an einem Platz, dem so genannten "Carwash". (Früher gab's dort anscheinend wirklich mal so etwas wie einen Wasserschlauch und Equipment, um ein Auto notdürftig vom Staub zu entfernen... jetzt steht nur noch eine Überdachung.) Drum herum stehen mehrere Hütten, eine davon die von Georges Großmutter. Diese Hütte hat zwar Betonwände und Boden, aber das Dach ist das, für diese Teile der südafrikanischen Städte, typische Wellblech. Ausgestattet mit einem Fernseher, Strom und Herd, aber doch nur geschätzten 20 Quadratmetern Wohnfläche besitzt die Hütte noch ein Plumpsklo hinterm Haus und das war's dann auch. Kulturschock Level 80, wenn man bedenkt, dass dieses Township noch eines der weniger verarmten der Stadt ist.
Eine Weile später sitzen ein Weißer, drei weiße Frauen und ein Schwarzer, um ein Holzbrett herum. Das Spiel (eine Abwandlung von "Mensch ärgere dich nicht") gewinnt am Ende - wer hätte es erwartet - der Afrikaner. War es verdient? Keine Ahnung! Hat er fair gewonnen? Weiß ich nicht! Hast du überhaupt die Regeln verstanden? Ein bisschen! Kai liefert sich während unserer Niederlage ein umkämpftes Schachduell mit einem Bewohner des Townships.
Am Ende des Tages landen wir noch in einer Art Spielhölle mit Tischkicker, Pool-Billard und mehreren Spielautomaten. Das Klientel ist zu 100% schwarz-afrikanisch, aber die meiste Zeit uns gegenüber gut drauf. Nur das Verlieren, das können unsere Freunde am anderen Ende der Welt so wenig wie wir.

"Welcome to Africa, shit gets stolen here every time!" - so lautet des Resümee meines ersten Clubbesuches. Entwendet wird laut Kai, der seit fast einem Jahr schon hier ist, alles was nicht doppelt und dreifach nagelfest und abgesichert ist. Nicht einmal "Zuhause" ist man vor Entwendungen sicher, weil selbst die Kinder, die hier wohnen dürfen, sich alles unter den Nagel reißen. Eine Art Gefangenendilemma also, ob man den Schlüssel zum Zimmer mitnimmt und riskiert ihn im Club zu verlieren oder ob man den Schlüssel hier irgendwo versteckt und riskiert, dass die Kids ihn finden und das Zimmer unsicher machen. Am Ende verstecken wir alle Schlüssel hier, was auch funktioniert hat. Via Taxi George geht's zum Club.
Schon beim Eintreten ist mir die Verwirrung deutlich anzusehen. Eintritt: 10 Rand (1 Euro). Surreal geht es auch weiter. Im Club gibt es 2 Bars, eine Tanzfläche, Tische, Stühle, Barhocker und 2 Billardtische. Somit ein Mix aus verschiedenen europäischen Vergnügungsplätzen in einem vereint. Immer Mittwochs ist Karaoke-Zeit und wer meine Singkünste und empfindlichen Ohren kennt, der weiß wie sehr mir so ein Karaoke-Gedudel zusagt. Somit bleibe ich den ganzen Abend mit George (er sagt von sich er kann weder singen noch tanzen, spielt aber wie eine lauernde Raubkatze Pool) der Tanzfläche und den Hoffnungsträgern der Musikbranche fern. Nach dem besten Hot Dog meines Lebens, vom Midnight-Hot-Dog-Stand vor dem Club, ging es gegen 3 zurück zum Taxi. Dort mussten wir mit Schrecken feststellen, dass die Kleinkriminellen weder von Zentralverriegelungen als von der Schmach das verratzte Taxi eines Landsmannes auszurauben zu stoppen sind. Von meinem Nike-Sweatshirt, welches ich törichterweise im Auto gelassen hatte, fehlte jede Spur. Die Fahrzeugpapiere und Georges Pass waren auch verschwunden. Nicht so schlimm, meinte der, er würde einfach einen neuen beantragen. Als wir verwundert nachfragten, stellte sich heraus, dass die Bürokratie in Südafrika doch nicht soweit fortgeschritten ist, wie ich zu Beginn der Reise vermutet hatte. Dass unsere Pässe ablaufen und wir neue beantragen müssen, erschien ihm utopisch. Insgesamt aber hielt sich der Schaden in Grenzen. Dennoch philosophierten wir auf dem Heimweg über die Hintergründe. Wahrscheinlich doch nur Geld. Bevor wir einen Freund vor seiner Haustüre ablieferten, brachte dieser das oben genannte Zitat, verschwand in der Dunkelheit und ließ mich nachdenklich zurück.


Random Notes:
- in der "Basketball-Schmach von Potch" unterlag ich einem Walter Tigers Tübingen Fan aus Reutlingen im H.O.R.S.E. (der Ball entsprach nicht europäischen Standards, die Sonne blendete, der Korb hatte keine von der FIBA festgelegte Höhe und sein Trash-Talk beeinflusste meinen Wurf-Rhythmus)

- in der "Basketball-Erleuchtung von Potch" musste ich feststellen, dass die meisten kleinen Kinder den europäischen Basketballstil des Passens und des Teamworks nicht verstehen und das Spielfeld eher sehen wie Kobe Bryant (Reality vs Kobe)

- in der "Technik-Erkenntnis von Potch" wurde mir klar, dass die SD Karte (von der ich Lappen kein Backup gemacht habe) meines HTC kaputt ist und sich somit das Posten von Bildern um ungewisse Zeit verzögern wird

- in der "die-anderen-sitzen-grade-in-der-Krone-in-Söflingen-trinken-Eisbock-und-essen-Wurschdsalad-Momentaufnahme" stellte sich heraus, dass es doch einige Sachen gibt die ich hier unten nicht kompensieren kann

- in der "Müsli-Ungeschicktheit von Potch" gelang es mir mein halbes Zimmer mit Cerealien zu übersäen. Nach einer Möglichkeit die Flocken ohne Staubsauger aus meinem Teppich zu bekommen suche ich noch


Montag, 1. Juli 2013

First Impressions

Der erste "Arbeits"-Tag brachte mehr Fragen als Antworten, aber was ich jetzt sicher weiß: die nächsten 2 Wochen hab' ich frei. Hier unten sind gerade Ferien und somit gibt es für mich aktuell nichts zu tun. Was unmittelbar mit den Ferien zusammenhängt ist die Anzahl der anderen Freiwilligen im Abraham Kriel Kinderhuis. Fast alle haben sich aufgemacht die Welt zu erkunden. Die restlichen zwei zusammen mit ihren Freunden, die in anderen Städten wohnen, forderten mich gleich dazu auf wegzugehen und ein drauf zu machen. Aufgrund meiner körperlichen Verfassung (24 Stunden Reisestrapazen gehen auch an mir nicht spurlos vorbei) lehnte ich dankend ab.

Aber eigentlich sollte ich chronologisch starten:

Im Mini-Flieger nach Kairo hatte ich das Gefühl im falschen Film zu sein. Die Menschen sprachen eine mir unbekannte Sprache und selbst beim Pilot war ich mir nie wirklich sicher, ob er Schwedisch, Kemisch, Koptisch oder doch Englisch sprach. Wenigstens mein Nebensitzer, ein älterer Mann mit dem Namen Ayoub Mahmoud Ayoub, war nett und englisch-versiert. Seines Zeichens Rotary Public Image Coordinator, machte er mir in teleshopping-Manier den Rotary Club (Rotary International) schmackhaft. Ich nahm seine Visitenkarte dankend an... man weiß ja nie ob man so was irgendwann mal brauchen kann.
Der Blick auf Kairo und Umgebung blieb mir aufgrund der fortgeschrittenen Stunde verwehrt und ich bin mir nicht sicher ob ich zwischen den Lichtern am Boden den Nil wirklich gesehen habe.

Am Kairo Airport ging alles glatt und 4 Stunden nach meiner Landung ging es wieder in die Lüfte. Dieses Mal in einer riesen Boeing und mit spektakulären Reihenmitgliedern: eine upperclass Mutter mit ihrem Sohn und ein (ich deute jetzt einfach mal die Zeichen) aufstrebender neuseeländischer Rugby Spieler. Die Mutter brachte den Move des Tages, als sie beim Duty Free Shopping einfach irgendein Parfum kaufte, ohne sich wirklich jemals darüber Gedanken gemacht zu haben was das überhaupt für ein Duft ist. Zum Glück war die Stewardess (aka poor man's Angelina Jolie) sehr aufmerksam und verkaufte der Mutter nach kurzem hin und her am Ende doch einen Duft für Damen.
Der Rugby Spieler ließ sich beim Entertainment auch nicht lumpen und photobombte drei (wieder muss ich raten) südafrikanische Rapper in Jay Bilas Manier (Jay Bilas Photobomb).
Der eigentliche Flug verlief zäh und schleppend, da die Radio-Programme eher auf arabische als auf europäische Klänge ausgelegt waren und die Filme eher auf Kleinkinder als auf erwachsene Beastbloods wie mich.

In Johannesburg angekommen verzögerte sich die Passkontrolle um geschlagene 2 Stunden, was das rechtzeitige Erreichen des Gepäcks unmöglich machte. Der noch in Deutschland zu Ende geführte Kampf mit dem Konsulat machte sich endlich bezahlt und ich hatte keine Probleme meinen Stempel zu bekommen. Ohne wirklich zu wissen was ich tat (auf der Anzeige befand sich der Flug von Kairo einfach nicht) ging ich zufällig zu einem der 12 Gepäckbänder und fand meinen Koffer nach 25 Sekunden.
In der Arrival Hall fand ich auch meinen Fahrer (aka poor man's Asafa Powell) nach 25 Sekunden. Was dann folgte war vogelwild. "South African drivers drive like shit!", beschrieb mein Fahrer das Linksverkehrchaos auf 4-spurigen Freeways. Warum er mir durch seine hektische und nebenherirgendwasanderesmachende Fahrweise dies auch noch beweisen musste ist mir unerklärbär. Vom Sekundenschlaf überwältigt (immerhin war ich 22 Stunden unterwegs gewesen) verging die Fahrt nach gefühlten 25 Sekunden.

Angekommen! Das Abraham Kriel Kinderhuis ist eine Ansammlung von mehreren Wohnhäusern für Freiwillige und einheimische Kinder. Es gibt einen heruntergekommenen Fußball- und Basketballplatz (Bilder folgen, wenn mein Smartphone wieder läuft) und einen kleinen Pool. Eine Kantine und eine Bibliothek gibt es auch und einen wireless Hotspot. Der Plan der Hausverwaltung ist eigentlich, dass man sich auf eine Bank vor dem Office setzt, um von dort WLAN zu ziehen. Da mein Empfänger so gut ist, kann ich aber alles vom Zimmer aus machen, was sehr smooth ist. Oh ja, das Zimmer! Ein Schrank, ein Tisch, zwei Nachttische und zwei Betten (Why? Never mind!) sind das Mobiliar. Den Rest der Etage teilt man sich gemeinschaftlich. Das abgefuckte Bad und die (so scheint es) nie aufgeräumte Küche sind von den Freiwilligen selbst zu verwalten. Und mit dem Verwalten halten die es hier wie die Mitarbeiter im Konsulat!

Alles in allem waren die ersten Tage in Potchefstroom eher unspektakulär. Was ich mit den freien Tagen anfangen werde weiß ich noch nicht, aber da alle Leute hier extrem zuvorkommend und freundlich sind wird sich da der eine oder andere Plan ergeben.


Random Notes:
- Heimweh-Percentage: 75%
  (alles noch sehr neu und ungewohnt)
- Wetter-Update: nachts ca. 3-7°, mittags ca. 20°
  (das nennt man hier Winter O.o)
- das aktuelle Hintergrundbild ist der Blick vom Eingang
  unseres Hauses in Richtung Haupteingang der Anlage